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Neuer Labelvergleich gibt Orientierung, lässt aber wichtige Punkte aussen vor

Heute wurde der Labelvergleich auf www.labelinfo.ch aktualisiert und publiziert. Dieser soll Konsument:innen Orientierung im Labeldschungel geben, berücksichtigt aber einige sehr wichtige Fair-Handelskriterien zu wenig oder gar nicht. Warum das problematisch ist.

Konsument:innen kaufen Produkte aus fairem Handel, weil sie damit sicherstellen wollen, dass die Produzent:innen der gekauften Produkte eine gerechte Entschädigung dafür bekommen. Als Anhaltspunkt für einen Kaufentscheid dienen u.a. Labelvergleiche. Einer davon, labelinfo.ch, wurde aktualisiert* und publiziert. Er bietet Konsument:innen die Möglichkeit, auf einfache und Art und Weise verschiedene Lebensmittellabels miteinander zu vergleichen. Das ist grundsätzlich begrüssenswert. Fairtrade Max Havelaar kritisiert dabei jedoch, dass bei der Bewertung der Labels vor allem die Standards verglichen und zentrale Fair-Handelskriterien, wie zum Beispiel die Höhe der Preise und Prämien, nicht oder zu wenig berücksichtigt wurden. Dies ist aus mehreren Gründen problematisch.

Einerseits werden dadurch Labels ermutigt, ihre Standards möglichst hoch anzusetzen, um bei einer Bewertung gut abzuschneiden. Werden dabei die erhöhten Anforderungen ohne finanzielle Kompensation an die Kleinbäuer:innen abgewälzt, führt dies dazu, dass Kleinbäuer:innen aus dem Markt gedrängt werden. Sie haben nicht genügend finanziellen Spielraum für zusätzlichen finanziellen Druck. Profiteure sind Grossproduzenten mit entsprechender Marge. Das widerspricht dem Kern des fairen Handels. 

Andererseits werden durch die geringe Gewichtung der Preisthematik keine Anreize gesetzt, dass sich Labels entschieden für bessere Preise für Produzent:innen einsetzen. Ob die bezahlten Preise hoch und stabil genug sind, um eine nachhaltige Produktion zu sichern, ob Prämien fix oder verhandelbar sind, oder ob langfristige Handelbeziehungen gefördert werden, ist für Kleinbäuer:innen aber entscheidend. 

Deshalb bietet Fairtrade Kleinbäuer:innen einen Mindestpreis und zusätzlich fixe, nicht verhandelbare Prämien, über deren Verwendung sie selbständig entscheiden. In der Elfenbeinküste etwa konnten Fairtrade-zertifizierte Kooperativen seit der letzten Mindestpreis-Erhöhung durch Fairtrade rund 26% höhere Preise erzielen! Auch der Kaffee-Mindestpreis wurde von Fairtrade kürzlich erhöht, um die stark gestiegenen Produktionskosten der Kaffeebäuer:innen abzufedern und ihnen nachhaltigeres wirtschaften zu ermöglichen.

Als partizipatives System ist Fairtrade das einzige, das Kleinbäuer:innen und Arbeiter:innen gleichberechtigt an allen Entscheidungsprozessen beteiligt, so auch bei der Ausgestaltung der Fairtrade-Standards. Dies gewährleistet, dass die Standards auf die Gegebenheiten vor Ort angepasst und auch effektiv umsetzbar sind. Zudem wird dadurch ermöglicht, dass Kleinbäuer:innen und Arbeiter:innen nicht durch einseitige Anforderungen und höhere Implementierungskosten benachteiligt werden, sondern alle Akteure in der Lieferkette in die Pflicht genommen werden.

Wir sind überzeugt, dass ein Labelvergleich für Konsument:innen hilfreich sein kann. Wenn sich dieser bei der Bewertung primär auf das Vorhandensein möglichst vieler Standard-Kriterien stützt, ohne die Wirkung vor Ort und die Beteiligung der Betroffenen einzubeziehen, halten wir das jedoch für nicht ausreichend.

 
*Der Vergleich auf labelinfo.ch beruht auf der ITC Standards Map. Aufgrund dieser Datenanalyse schneidet Fairtrade Max Havelaar auf labelinfo.ch mit dem Prädikat "sehr empfehlenswert" äusserst gut ab. Die in diesem Beitrag beschriebene Kritik am Vergleich der Labels besteht jedoch.
 

Fairtrade-Mindestpreis und -Prämie

Der Fairtrade-Mindestpreis ist als Sicherheitsnetz zu verstehen und soll die durchschnittlichen Produktionskosten für eine nachhaltige Produktion decken. Er sichert die Kleinbäuer:innen gegen Einbrüche des (Welt)Marktpreises ab. Liegt dieser darüber, muss der höhere (Welt)Marktpreis bezahlt werden. Zusätzlich zum Verkaufspreis erhalten alle Produzentenorganisationen die Fairtrade-Prämie. Die Kleinbäuer:innen bzw. Beschäftigten auf Plantagen entscheiden gemeinsam in einem demokratischen Prozess, in welche sozialen, ökologischen oder ökonomischen Projekte die Prämien investiert werden. Sowohl die Fairtrade-Mindestpreis als auch die Fairtrade-Prämien sind fix und nicht verhandelbar. Das ermöglicht Fairtrade-zertifizierten Produzentenorganisationen finanzielle Sicherheit und eine langfristige Planung. 

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