Olga Alvarado

Vom Flüchtling zur Fairtrade-Kaffeebäuerin

«Schwarzes Gold» wird Kaffee auch genannt, denn Kaffee zählt zu den wichtigsten Exportgütern vieler Länder. Weltweit wird Kaffee von rund 25 Millionen Bäuerinnen und Bauern angebaut. Eine davon ist Fairtrade-Kaffeebäuerin Olga Alvarado aus Honduras. Wie viele ihrer Landsleute floh sie deshalb in die USA. Nach acht Jahren kehrte sie zurück, um eine kleine Kaffeefarm zu betreiben, von der sie leben kann. Denn Olgas Farm ist Teil einer Fairtrade-zertifizierten Kooperative.

Männer in Flipflops und kurzen Hosen schieben Buggys vor sich her, beladen mit Gepäckstücken oder kleinen Babys. Frauen haben schwere Taschen umgebunden, an ihren Händen schleppen sie rechts Plastiktüten, links riesige Wasserflaschen. Was auf den ersten Blick aussieht, als würden Familien vom Sonntagsausflug heimkehren, sind Menschen auf der Flucht. Es sind endlose Menschenmassen, die die Strasse entlangströmen. Sie haben nur das Nötigste bei sich. Denn ihr Weg ist weit, sie wollen in die USA. Immer wieder machten sich mehrere tausend Menschen aus Guatemala, El Salvador und Honduras auf den Weg zur rund 3.500 Kilometer entfernten Grenze. In der Hoffnung dort eine bessere Zukunft zu finden, als zu Hause. Viele schlafen vor Erschöpfung am Wegesrand oder im Strassengraben. Wer sieht, welche Leiden diese Menschen auf sich nehmen, begreift, dass sie nichts zu verlieren haben.

"Mit Fairtrade hat der Kaffeeanbau eine Zukunft"

Ähnlich erging es Olga Alvarado. Auch sie floh vor einigen Jahren in die Vereinigten Staaten. Schlepper brachten sie über den Grenzfluss Rio Grande und durch die Wüste. Sie hatte Glück. Sie überlebte nicht nur die vielen Gefahren und ertrug die tagelangen Strapazen, sie bekam sogar zwei Jobs. Tagsüber arbeitete sie bei McDonalds, nachts bei Wendy’s. Nach acht Jahren harter Arbeit kehrte sie in ihre Heimat Intibucá in Honduras zurück. Von dem Ersparten kaufte sie sich etwas Land, um ihren eigenen Kaffee anzubauen. Heute hat sie etwas erreicht, was nicht allen Menschen und erst recht den wenigsten Kaffeebauern in Honduras vergönnt ist: Sie kann von ihrem Einkommen leben.

Olga ist Mitglied der Fairtrade-zertifizierten Genossenschaft COAQUIL. Sie selbst sagt: "Mit Fairtrade hat der Kaffeeanbau für uns eine Zukunft." Der faire Handel verbessert die Lebensbedingungen von Kleinbäuerinnen und -bauern, indem er sie in ihrer Selbstorganisation und Professionalisierung stärkt und die Preisschwankungen am Weltmarkt durch stabile Mindestpreise abfedert. Zudem erhalten die Produzenten zusätzlich Fairtrade-Prämien, mit denen sie Gemeinschaftsprojekte ihrer Wahl finanzieren: Die Kooperative COAQUIL hat mit diesen Geldern beispielsweise Strassen und Kirchen reparieren lassen, Massnahmen zum Schutz von Wasserquellen gestartet oder unterstützt Schulklassen mit Lehrmaterial.

Es ist kein riesiger Gewinn, den Olga Alvarado und ihre Genossinnen und Genossen erwirtschaften, aber sie können davon leben. Im Gegensatz zu den Kaffeebauern, deren Kaffee nicht fair gehandelt wird. Sie machen Verluste, weil der Kaffee an der Börse zu Billigpreisen verramscht wird und ihre Einnahmen damit unter ihren Produktionskosten liegen. Die Folge: Viele geben auf und versuchen ihr Glück in den USA.

Klimawandel bedroht Kaffeepflanzungen

Doch auch Olga Alvarados Zukunft ist bedroht – durch den Klimawandel. Höhere Temperaturen und unregelmässige Regenfälle führen zu stärkerem Schädlings- und Krankheitsbefall. Die Folge: Ernte- und Qualitätseinbussen.

Am meisten fürchten die Kaffeebäuerinnen und -bauern den Kaffeerost. Dieser Pilz kann selbst grosse Bestände innerhalb kürzester Zeit dahinraffen. Die Kosten für die Neubepflanzung sind hoch. Hinzu kommen Ernteausfälle von etwa drei Jahren. Die wenigsten Betriebe haben Reserven, um solche Rückschläge aufzufangen und müssen dann aufgeben.

Eine Studie des Climate Institute kommt sogar zu dem Schluss, dass der Klimawandel bis zum Jahr 2050 die für die Kaffeeproduktion geeigneten Anbauflächen um 50 Prozent reduzieren wird, wenn keine Gegenmassnahmen eingeleitet werden. Es besteht kein Zweifel mehr: Der Kaffeeanbau ist bedroht.