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Studie bestätigt: Fairtrade fördert Gleichstellung von Frauen

Fairtrade fördert trotz struktureller und kultureller Hindernisse die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Fairtrade-Organisationen, was allen Mitgliedern nützt. Das bestätigt eine aktuelle Studie. Was aber auch klar ist: Starke Standards allein reichen nicht. Um Frauen den Zugang zu Führungspositionen und eigenem Einkommen zu ermöglichen, braucht es gesellschaftlichen Wandel.

Bild: David Macharia

Die Fairtrade Gender-Strategie 2016 – 2020 hatte einen klaren Anspruch: Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit für Frauen und Mädchen durch systematische Einbeziehung des Themas auf allen Ebenen des Fairtrade-Systems zu verbessern, sei es in den Produzentenorganisationen, den Standards, bei Projektfinanzierungen und nicht zuletzt bei den Kundinnen und Kunden von Fairtrade-Produkten.

2019 hat das Center for International Forestry Research im Auftrag von Fairtrade eine Studie dazu erstellt, inwieweit die vermehrten Anstrengungen dazu geführt haben, in zertifizierten Kaffee-Kooperativen eine Veränderung bei der Gleichstellung von Frauen und Mädchen herbeizuführen.
Die Ergebnisse wurden nun veröffentlicht:

  • Fairtrade-Standards und Gender Programme zeigen Wirkung

In den untersuchten Kooperativen sind Frauen sehr aktiv an der Kaffeeproduktion beteiligt. Der weibliche Mitgliederanteil stieg von 12% auf 40%. In allen Organisationen waren Frauen auf der Leitungsebene und in Gender-Kommitees vertreten.

  • Gute Fortschritte bei Teilhabe und Inklusion

Im Schnitt gab es die grössten Fortschritte bei der verbesserten Teilhabe und Einbeziehung von Frauen in die Abläufe der Organisationen. Positive Faktoren dafür waren die explizite Gender-Politik der Organisationen mit Sensibilierungs- und Führungskräfte-Trainings, aber auch die Auseinandersetzung mit technischen Fähigkeiten und den Zugang zu Mitgliedschaft und Kapital. Ein besonders erfolgreicher Ansatz ist die „Women´s School of Leadership“, die auf allen drei Kontinenten nach dem Train-the-Trainer-Prinzip durchgeführt wird: Hier haben sich Frauen und auch Männer in verschiedenen Themen-Modulen weitergebildet – von Menschenrechten, über Finanzbuchhaltung bis hin zu Auftritt und Selbstbehauptung.

  • Strukturelle, kulturelle und ökonomische Hindernisse bleiben

Mangelnder Zugang zu Landbesitz und Kapital, mangelndes technisches und ökonomisches Wissen und nicht zuletzt die geschlechtsspezifische Rollenverteilung in Bezug auf Familie und Hausarbeit sind nach wie vor starke Faktoren, die die Gleichstellung von Frauen behindern.

  • Erfolgreiche Ansätze machen Männer zu Verbündeten und öffnen kreative Räume für Frauen

Systemische Hindernisse gegen die Teilhabe von Frauen können durch die Einbeziehung von Männern überwunden werden. Sie unterstützen die Frauen, die in den traditionellen Männerdomänen Produktion und Management tätig sein wollen. So überwinden einige Kooperativen das Verbot oder den erschwerten Zugang zu Landbesitz von Frauen, indem Männer ihren Frauen das Eigentum an Kaffeebüschen oder Landnutzungsrechte übertragen und sie so selbst zu aktiven Kooperativenmitgliedern werden können.

Förderprogramm mit Vorbildfunktion: Growing Women in Coffee in Kenia

Ein erfolgreiches Beispiel ist das Programm „Growing Women in Coffee“ des Produzentennetzwerks Fairtrade Africa. Es zeigt, wie durch gezielte Massnahmen Frauen ökonomische und soziale Unabhängigkeit erreichen können:

  • Mindestens 50 Kaffeebüsche wurden an weibliche Haushaltsmitglieder übertragen.
  • Es gab speziell an Frauen gerichtete Trainings zur Kaffeeproduktion und – vermarktung.
  • Biogasöfen wurden verteilt, um Frauen signifikant von Haushaltsarbeit zu entlasten und die örtlichen Wälder zu schützen.
  • Sie erhielten Unterstützung bei der Entwicklung einer eigenen Kaffeemarke. Gleichzeitig wurden Jugendliche eingebunden, um den Nachwuchs für den Kaffeeanbau zu gewinnen.

Durch die Übertragung der Eigentumsrechte an den Kaffeebüschen wurden zum Beispiel in der Kooperative Kabngetuny, Kenya dreihundert Frauen zu Vollmitgliedern der Kooperative. Die Familien konnten ihren Lebensstandard durch höheres Einkommen, verbesserte Arbeitsbedingungen und gerechtere Arbeitsverteilung erhöhen. Erstmals in der Geschichte der Kaffeebörse in Nairobi wurde in der Saison 2016/2017 ein Markenkaffee von Frauen verkauft.  

Die Ergebnisse machen Mut und zeigen, dass Fairtrade mit seiner Gender-Strategie auf dem richtigen Weg ist. Nun gilt es, mit den Erkenntnissen aus der Studie weiterzuarbeiten. Das Thema ist deshalb eines der Schwerpunkte der neuen Fairtrade-Strategie 2021 – 2025, die im Oktober 2020 verabschiedet wurde. Es braucht einen langen Atem, um Herausforderungen insbesondere auf der systemischen und kulturellen Ebene anzugehen. Fairtrade leistet einen Anstoss und zertifizierte Kooperativen können Vorbildfunktion übernehmen. Um Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen ist jedoch eine gesamtgesellschaftliche Transformation unter Einbeziehung aller Beteiligten einer Gesellschaft nötig.